Reaktion auf einen Artikel zur Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern

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„Die Gleichheit der Gehälter ist erreicht“ titelte das Tageblatt am 12.12.2018, gefolgt von einer mehr oder weniger detaillierten und differenzierten Analyse und Bewertung der vom Statec erhobenen Daten von 2014, bezüglich der Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen in Luxemburg.

Demnach habe, laut Autor, die Gleichstellungspolitik der letzten Jahre in Bezug auf die Lohngleichheit ihr Ziel erreicht, nur wäre dieser Tatbestand bisher vertuscht worden. Der Autor belegt seine These mit dem Medianeinkommen, welches bei Frauen 5,13% über dem der Männer liege, wohingegen Politik und Presse immer nur das Durchschnittseinkommen kommuniziert hätten, demzufolge Frauen im Jahr 2014 6,4% weniger verdient hätten als Männer (laut EU-Kommission waren es 2016 5,5 %).

Der Autor kommt zu dem (Fehl-)Schluss, dass die Summe beider Ergebnisse die faktische Gleichheit der Gehälter ergebe – daher der Titel des Artikels und die These der vermeintlichen Gleichheit der Gehälter.

Was der Artikel nur ganz kurz anreißt ist, dass die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern unter anderem sehr stark vom Beschäftigungssektor abhängig sind, und der Median der Frauengehälter nur in drei von dreizehn Sektoren leicht über dem der Männer liegt, was vor allem daran liegt, dass es sich dabei um „traditionelle Männerberufe“ im Niedriglohnsektor handelt.

Gar nicht thematisiert wird der sogenannte „gender overall earnings gap“. Diese Messung integriert drei Arten von Benachteiligungen, welchen Frauen weltweit auf dem Arbeitsmarkt unterliegen: niedrigere Stundenverdienste, weniger Arbeitsstunden in bezahlten Arbeitsverhältnissen, geringere Beschäftigungsraten. Laut EU-Kommission verdienten Frauen in Luxemburg im Jahr 2016 nach dieser Rechnungsart 32,5% weniger als Männer (der EU-Durchschnitt lag im selben Jahr bei 39,6%).

Immerhin erwähnt der Autor im letzten Abschnitt des Artikels, dass man die Interpretation dieser Zahlen nicht als Erreichung der Gleichstellung der Geschlechter werten dürfe und verweist auf die starke Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und auf den großen Anteil in Teilzeit beschäftigter Frauen.

Wieder ganz im Sinne der Titel-Polemik liest sich anschließend die Tagesumfrage des Tageblatt zum selben Datum. Vor dem Hintergrund der vermeintlich jetzt erreichten Lohngleichheit, darf der Leser/die Leserin sich zwischen drei fragwürdigen Meinungen entscheiden, mit erschreckendem Resultat: 43% der an der Umfrage Teilnehmenden geben an, es müsse aufgepasst werden, dass nun nicht Männer benachteiligt würden, 21% sind der Meinung, dass Frauen die gleichen Chancen haben wie Männer und weitere 36% geben an, dass trotz „gleicher Gehälter“ noch keine Gleichberechtigung herrsche.

Trauriger Fakt ist, dass es in Luxemburg viele Menschen gibt, die keine strukturellen Benachteiligungen von Frauen (er)kennen und einige sogar eine grundsätzliche Benachteiligung von Männern befürchten.

In Sachen Sensibilisierung und Bildung bleibt offensichtlich viel zu tun – nicht nur für das Ministerium für die Gleichstellung von Frauen und Männern, sondern auch für die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich um die Schaffung einer Menschenrechtskultur bemühen.

CID | Fraen an Gender

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