(ke) Ist es ein Roman oder eine fiktionalisierte Reportage? Diese Frage stellt sich unwillkürlich beim Lesen dieser Geschichte. Denn wie sonst wären die auseinanderklaffenden Extremwelten aus Krieg, Flucht und „normalerem“ privaten Erleben zusammenzudenken? Die Wege der beiden Hauptcharaktere Amal und Hammoudi kreuzen sich nur wenige Male im Verlauf der Erzählung, zuerst in Syrien, später in Berlin. Beide sind gerade erst an das Ende ihrer Studienzeit gekommen, Hammoudi in Paris zum plastischen Chirurgen ausgebildet und Amal als Schauspielstudentin mit ersten erfolgreichen Engagements. Sie sind Kinder des wohlhabenden Mittelstands, auf dem Sprung, ein unabhängiges Leben zu beginnen, da raubt ihnen der nach der syrischen Revolution beginnende Bürgerkrieg jegliche Perspektive. Olga Grjasnowa erzählt beeindruckend davon, was es heißt, im Zwischenraum zu leben, dazu gezwungen zu sein in rasant kurzer Zeit Entscheidungen zu treffen, deren Folgen – anders als in Friedenszeiten – kaum abwägbar sind. Beeindruckend und sehr lesenswert.
(Aufbau 2017, 309 Seiten)
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