Die letzten Zahlen der STATEC aus dem Jahr 2014 (aktuellere Zahlen zur Situation von alleinerziehenden Eltern gibt es leider nicht) besagen, dass insgesamt 28.033 Einelternfamilien in Luxemburg leben. Das sind gerade mal 5,1 Prozent der Bevölkerung. Da aber rund 40 Prozent der Alleinerziehenden mehr als ein Kind haben, ist die Zahl der Kinder, die in Alleinerziehenden Haushalten leben, um einiges größer. Statistisch gesehen machen Frauen 82,7% der Alleinerziehenden aus.
Proportional zur Bevölkerung sind es aber die Alleinerziehenden, die deutlich häufiger unter der Armutsgrenze leben. Zuletzt waren es rund 46 Prozent2. Luxemburg liegt somit deutlich über dem EU Durchschnitt. Das bedeutet jedoch keineswegs, das Alleinerziehende weniger arbeiten oder gar arbeitslos sind. Im Gegenteil, Alleinerziehende sind häufiger vollzeitbeschäftigt als der Rest der Bevölkerung, was darauf hinweist, dass viele unter ihnen von der sogenannten Arbeitsarmut betroffen sind (also arm sein trotz Arbeit). Dies kann verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise ein schlecht bezahlter Job, ein Steuersystem, das Alleinerziehende benachteiligt, nicht-europäischer Migrationshintergrund usw… Besonders verheerend sind die hohen Immobilienpreise für Alleinerziehende, da sie dafür im Durchschnitt mehr als 40% ihres Einkommens aufbringen müssen. Zusätzlich zu diesen finanziellen und wirtschaftlichen Herausforderungen, müssen sich Alleinerziehende auch noch oft mit Stigmatisierung, sozialer Isolation, mangelnder Solidarität und psychologischem Druck auseinandersetzen.
Insgesamt arbeiten in Luxemburg 19.8% aller Alleinerziehenden im Sozial- und Gesundheitssektor und 13,6% im Handelsgewerbe. Das sind die gleichen Berufszweige, die jetzt in der sanitären Kriese überlebenswichtig geworden sind, wie etwa Kassiererinnen im Supermarkt und Pflegepersonal in den Sozial- und Gesundheitsinstitutionen. Allerdings sind dies auch die Wirtschaftszweige, in denen das Jahresgehalt unter dem Durchschnitt aller anderen Berufsgruppen liegt. Viele Alleinerziehende befanden sich schon vor der Krise in einer prekären Arbeitssituation mit einem geringen Einkommen und/oder einem unsicheren Arbeitsvertrag (CDD). Sie trifft die derzeitige Krise besonders hart.
Schon in Normalzeiten müssen alleinerziehende Frauen Trennung, Scheidung und oftmals auch körperliche und/oder physische Gewalt verarbeiten. In Krisenzeiten kommen dann, neben ernsten finanziellen Sorgen, weitere psychologische Belastungen dazu. Beispielsweise müssen alleinerziehende Mütter und Väter versuchen, ihren Kindern weiterhin ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, ohne diese Verantwortung aber mit jemanden teilen zu können. Zudem befinden sie sich in einer noch größeren Isolation als sonst. Auch das Schließen der Schulen und Kindertagesstätten sorgt für bei Alleinerziehenden für große Sorgen und Bedrängnis, besonders in Fällen in denen der Sonderurlaub nicht genehmigt worden ist. Der gesamte Alltag wird von Beruf, Haushalt und Kindererziehung dominiert, so dass oft keine Zeit für eigene Bedürfnisse und/oder Entspannung bleibt. Ein Umstand, der ebenfalls in der Krise verstärkt wird. Die Folgen dieser enormen Leistung sind dann Burn-out, Depressionen oder Angststörungen.
Ein Land wie Luxemburg sollte endlich Verantwortung übernehmen und die Schwachen unserer Gesellschaft schützen. Rund 30 000 alleinerziehende Mütter oder Väter, davon knapp die Hälfe an der Armutsgrenze, das ist nicht hinnehmbar. Ihre Situation ist im Normalfall schon schwierig genug, weshalb um jeden Fall verhindert werden muss, dass sie als Verlierer*innen aus der momentanen Krise hervorgehen.
Tammy Schmit
Volontärin beim CID Fraen an Gender
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