Reaktion auf Papstbesuch

Pressemitteilung vom 24.9.2024
CID | Fraen an Gender fordert kritische, feministische Perspektive auf den Papstbesuch

Auch wenn die Anzahl praktizierender Katholik*innen in Luxemburg stetig abnimmt, so bleiben unsere kulturellen Codes, Regeln und Wertvorstellungen doch stark geprägt von den Auswirkungen der jahrhundertelangen Vorherrschaft der katholischen Kirche in Luxemburg.

Patriarchat, Misogynie und struktureller Sexismus lassen sich historisch wie auch aktuell nicht ohne Verbindung zu den Weltreligionen erklären. Auf nationaler Ebene ist in diesem Kontext der Katholizismus ausschlaggebende Kraft gewesen. Auch heute spielen die Kirche und die Aussagen des Papstes international noch immer eine wichtige Rolle – davon bleibt Luxemburg nicht unberührt. Aussagen des Papstes zu Frauenrechten, zu Verhütung und Abtreibung und zu LGBTIQA+ Rechten mögen atheistischen oder agnostischen Bürger*innen zunächst unwichtig erscheinen oder sie nicht interessieren. Fakt ist aber, dass sich nach wie vor Millionen Menschen nach diesen Aussagen richten. Dies äußert sich zum Beispiel in der Wahl ihrer Familienkonstellationen, der Erziehung von Kindern oder auch in der Aufgabenverteilung innerhalb einer Partnerschaft. Der Einfluss der katholischen Kirche auf die individuelle Lebensgestaltung lässt sich demnach kaum leugnen.

Aber auch auf struktureller Ebene festigt Katholizismus (hetero-)sexistische Ansichten: So spielt zum Beispiel die Förderung von patriarchalen Gesellschaftsverhältnissen eine zentrale Rolle in der Praxis der katholischen Glaubensgemeinschaft. Indem Frauen der Zugang zu Weiheämtern verwehrt, oder Heterosexualität als einzige legitime Form der Partnerschaft anerkannt wird, bleiben Gleichberechtigung und Inklusion auf der Strecke.

Sexismus, Heterosexismus und Misogynie sind ebenso wie Religionen nicht auf bestimmte Länder beschränkt, sondern treten weltweit auf. Um diesen diskriminierenden Tendenzen wirksam zu begegnen, braucht es daher einen koordinierten globalen Ansatz.

Die Tatsache, dass bereits tausende Menschen sich eingeschrieben haben, um dem Papstbesuch beizuwohnen zeigt, dass auch in Luxemburg ein großes Interesse an einer Glaubensgemeinschaft besteht, die auf einer fundamental sexistischen Institution basiert, welche in ihren Lehren und Strukturen Geschlechterungleichheit fördert.

Sich der katholischen Glaubensgemeinschaft zugehörig zu fühlen, bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass man ihre misogynen und diskriminierenden Ansätze unterstützt.

Auch innerhalb der Kirche gibt es feministische Bewegungen. Und auch wenn das CID religiös unabhängig ist, sind wir durchaus solidarisch mit gläubigen Feminist*innen und ihren Kämpfen innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaften, ganz gleich welcher Weltreligion sie angehören. Es gibt keinen gesellschaftlichen Bereich, in dem die Geschlechter gleichberechtigt sind und welcher frei von Sexismus ist. Innerhalb der Weltreligionen ist Sexismus nach wie vor zentral.

Vor dem Hintergrund des Papstbesuchs in Luxemburg wollen wir uns deshalb den feministischen Forderungen von feministischen, christlichen Bewegungen anschließen:

  • Machtmissbrauch (insbesondere sexualisierte Gewalt) muss aufgedeckt und strafrechtlich verfolgt werden.
  • Alle Ämter müssen für alle Geschlechter zugänglich werden.
  • Das Zölibat muss abgeschafft werden.
  • Homosexualität und andere sexuelle Orientierungen müssen enttabuisiert und anerkannt werden.
  • Die Entstigmatisierung von Abtreibung soll zur Förderung der sexuellen und emotionalen Gesundheit beitragen.

In der Bibliothek des CID | Fraen an Gender finden Sie Literatur, die sich unter anderem kritisch mit den Themen Geschlechtergleichberechtigung und Religionen auseinandersetzt.
Bei Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:
Isabelle Schmoetten: ischmoetten@cid-fg.lu
Claire Schadeck: cschadeck@cid-fg.lu


Pressemitteilung:

Körperliche Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht

Reaktion auf die frauenfeindlichen Äußerungen der katholischen Kirche zum Thema Abtreibung und Familienplanung

Mit Entrüstung und Besorgnis nehmen wir die jüngsten Aussagen des Kardinals von Luxemburg zur Abtreibungsfrage zur Kenntnis. In einem Interview mit dem „Luxemburger Wort“ äußerte sich der Kardinal kritisch zur Position von Kamala Harris zum Recht auf Abtreibung und brachte seine Ablehnung gegenüber dem Recht auf Schwangerschaftsabbrüche zum Ausdruck. Er bezeichnete Abtreibung als „barbarisch“ und erklärte, dass er keine Ausnahmen bei Vergewaltigung und Inzest akzeptiere. Dabei lässt er die Frage offen, wie „barbarisch“ es u.a. ist, Frauen, die Opfer von Vergewaltigung und Inzest wurden, jegliches Selbstbestimmungsrecht abzusprechen und sie in eine erzwungene Mutterschaft zu drängen.

Die frauenfeindlichen Äußerungen des Kardinals spiegeln die Haltung der katholischen Kirche zu diesem Thema wider und stellen nicht nur einen Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Frauen dar, sondern ignorieren die komplexen, persönlichen und oft traumatischen Umstände, unter denen Frauen sich für eine Abtreibung entscheiden. Das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch ist in Luxemburg gesetzlich verankert. Dass der Kardinal den Gebrauch dieses Rechts als „falsche Entscheidung“ abtut, zeigt eine gravierende Missachtung der individuellen Entscheidungsfreiheit und des menschlichen Leidens, das mit solch schwierigen Situationen einhergeht und unterstreicht noch einmal ausdrücklich, welche Stellung Frauen in der Weltanschauung der katholischen Kirche haben. Auch der Papst hielt sich bei seiner Visite in Luxemburg nicht mit patriarchalischen Äußerungen zurück und forderte die Einwohner*innen Luxemburgs dazu auf, mehr Kinder in die Welt zu setzen. Familienplanung und Sexualität sind und bleiben Privatsache und weder dem Papst noch der katholischen Kirche steht es zu, sich hier einzumischen.

Wir fordern von der katholischen Kirche und ihren Vertretern, den Dialog über Abtreibung und Frauenrechte auf der Basis von Respekt, Empathie und Verständnis für die Komplexität der Thematik zu führen, anstatt auf moralische Verurteilungen und dogmatische Positionen zu setzen.


Pressespiegel (Bild anklicken zum Lesen)

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