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(cb) Der 11. November 2010 war ein „ganz normaler Tag“ in Luxemburg und also auch für die Medien, die in den Nachrichten berichten. Dieser Tag war ebenfalls Stichtag für das erste Luxemburger Medienmonitoring (LuxMMP), bei dem von einer Gruppe speziell geschulter Frauen eine quantitative und qualitative Erhebung zum Frauenbild in den Nachrichten durchgeführt wurde (vgl. Cid-Info 3/4 2010). Sie griff zurück auf das Instrument des „Global media monitoring project“, das in standardisierter Form und in fünfjährigem Abstand seit 1995 untersucht, ob, wie oft und mit welchen Attributen Frauen in den Nachrichten von Zeitungen, Radiostationen, Fernsehsendern und Internetseiten dargestellt werden. So sollen Zahlenmaterial und Statistiken über das Frauenbild in den Medien für Luxemburg gewonnen werden. Dieser „Blick von außen“ wurde ergänzt durch den „Blick der MediennutzerInnen“. In einer repräsentativen Befragung gaben sie ihre Einschätzung vom vermittelten Frauenbild in den Nachrichten und äußerten ihre Erwartungen an die Nachrichtenmedien.
Für beide Projekte, die Schwerpunkt der nun endenden Cid-Präsidentschaft des Nationalen Frauenrates (CNFL) waren, stellen wir im Folgenden die – teils überraschenden – Ergebnisse und Schlussfolgerungen vor.
Der Frauenanteil in den inländischen Nachrichten betrug in der Stichprobe vom 11.11.2010 24,8%. Dieser Anteil enthält Frauen sowohl als Gegenstand der Meldungen wie auch als Journalistinnen und Reporterinnen und entspricht weitgehend den Ergebnissen, die auch in anderen Ländern ermittelt wurden.
Die Analyse von Beruf und Funktion der genannten Personen lässt nach Meinung von Marlies Hesse, Koordinatorin des GMMP von 1995-2009 für den Journalistinnenbund in Deutschland und vom CNFL mit der Auswertung des LuxMMP beauftragt, erkennen „wie die Redaktionen offenbar nicht zufällig Regierungsmitglieder und PolitikerInnen ins Zentrum ihrer Berichterstattung rücken. In allen Hauptnachrichten nahmen sie die ersten Plätze auf der Rangliste ein.“ Der niedrige Anteil von Frauen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft wird demnach in der Berichterstattung über diese Themen noch einmal unterboten. Brauchen die Medien Expertise zu Fachfragen, setzen sie ebenfalls stärker auf Männer als auf Frauen (Abb. 1). Dies wurde am Stichtag besonders deutlich: Nur zwei Erwähnungen von Frauen aus dem Bereich „Gesundheitswesen und Sozialarbeit“ stehen 29 Nennungen von Männern aus diesem Bereich gegenüber.
Der Anteil der Frauen, die Gegenstand eines Beitrags waren, fiel auf 21% zurück, mit relativ großen Unterschieden je nach Medienformat (33% bei den Online-Beiträgen, 9% bei den TV-Nachrichten) (Abb. 2). Die Definition von Frauen in den Nachrichten über ihre Familienverhältnisse (z.B. als die Ehefrau/Tochter/Mutter von) wurde kaum beobachtet und auch die Befunde aus früheren GMMP-Analysen, wonach Frauen weltweit häufiger als Männer als Opfer von Gewalt, Krieg, Unglücken und Katastrophen Eingang in die Medien finden, hat sich auf die Analyse der Luxemburger Nachrichten vom 11.11.2010 nicht übertragen lassen. Jedoch fiel bei der Erhebung analog zum Ausland auf, dass Frauen vor der Kamera häufig jünger geschätzt werden als männliche Kollegen.
Erfreulich war die Tatsache, dass der Rückgriff auf Stereotype nur Einzelfälle betraf.
In ihrem Fazit bescheinigte Frau Hesse der Luxemburger Medienwelt, ein noch von Männern dominiertes Terrain zu sein. Frauen blieben das Mittel- oder Schlussfeld der Ranglisten, solange sie nicht aus dem Schatten der Männer hervorträten und für sich vermehrt die vorderen Plätze eroberten.
Um den Frauenanteil in den Nachrichten zu erhöhen und dadurch die Sichtbarkeit von Frauen und ihre Teilhabe an gesellschaftlicher und politischer Gestaltung zu verbessern, soll das Monitoring im Rahmen des globalen Monitoringprojekts fortgesetzt werden. Nur so kann Entwicklung gemessen werden. Konkrete Verbesserungen kann eine Expertinnendatenbank schaffen, auf die Medienschaffende zurückgreifen können, wenn sie zusätzliche Expertise zu behandelten Themen brauchen. Ergänzend müssen aber auch die Medienschaffenden für Genderfragen sensibilisiert werden – eine große Herausforderung, denn eine kritische Auseinandersetzung mit der Berichterstattung (in Form und Themenwahl) wird schnell als Angriff auf journalistische Freiheiten angesehen.
Doch besteht der Wunsch nach einer angemessenen Sichtbarkeit von Frauen in den Medien nicht allein bei den Frauenorganisationen. Auch die MediennutzerInnen wünschen sich, dass die Medien dem gesellschaftlichen Wandel in Bezug auf die Rolle von Frauen und Männern Rechnung trägt. Dies ermittelte eine repräsentativ angelegte Befragung von 602 EinwohnerInnen über 15 Jahren, die Luxemburger Nachrichten konsumieren.
Gut 90% der Frauen und Männer sind der Meinung, dass die Verantwortung in der Familie und in allen anderen Gesellschaftsbereichen (Politik, Wirtschaft, Soziales, Nachrichtenmedien, Kultur) gleichermaßen zwischen den Geschlechtern aufgeteilt werden soll. Sie bejahen dieses auch für die Medien und wünschen sich eine ausgeglichene Geschlechterpräsenz in den Nachrichten. Jedoch stellen die Teilnehmenden der Befragung fest, dass dies aktuell in den Medien nicht der Fall ist. Ihrer Ansicht nach sind in der geschriebenen Presse sowie im Radio Männer stärker vertreten als Frauen, wobei diese Ansicht bei Frauen ausgeprägter ist als bei Männern. Dass die Befragten das Fernsehen umgekehrt einschätzen, mag an der gängigen Doppelbesetzung in der Moderation der einschlägigen Nachrichtensendungen liegen.
Eine Differenzierung nach Rubriken verfeinert diese Aussage: Die Berichterstattung über Wirtschaft, Politik und Sport sehen drei Viertel der befragten Frauen und Männer gleichermaßen als eindeutig von Männern dominiert. 49% der Männer aber nur 41% der Frauen finden, dass in der Rubrik Lokales mehr Männer vorkommen als Frauen.
Mit Blick auf die im Medienmonitoring gesammelten Daten zeigt sich, dass die MediennutzerInnen die geringere Präsenz von Frauen in den Nachrichten wahrnehmen – und sich daran stören.
Die Befragung wollte von den MedienkonsumentInnen wissen, welches Frauenbild sie sich in den Nachrichten wünschen. Dazu sollten verschiedene Vorschläge auf einer Skala von völlig unwichtig (1) bis sehr wichtig (6) bewertet werden. Während alle Befragten recht hohe Ansprüche an das medial vermittelte Frauenbild stellen, ist dieser Anspruch bei Frauen noch einmal stärker ausgeprägt. Die Befragten wünschen sich ein Frauenbild, das altersdifferenziert ist, Frauen als beruflich erfolgreich zeigt und deutlich werden lässt, dass Frauen sowohl beruflich wie familiär Verantwortung tragen. Diese Aspekte wurden auf der Skala mit wichtig (> 4.75) bewertet. Ein attraktives Äußeres ist für die Befragten nur wenig wichtig (3.69).
Die Wirklichkeit nehmen Frauen und Männer deutlich anders wahr. Die größte Dissonanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit betrifft die Darstellung der Frau in verschiedenen Lebensaltern, gefolgt von der beruflich erfolgreichen Frau und der Frau, die Verantwortung für Beruf und Familie trägt (Abb. 3).
Insgesamt und bezogen auf einzelne Rubriken vermittelt das mediale Frauenbild laut der Befragten weniger Anerkennung als das Männerbild. Dies gilt insbesondere für die Rubriken Wirtschaft, Sport und Politik.
Aus den Verbesserungsvorschlägen der Befragten stechen mit den meisten Nennungen drei Punkte hervor: mehr Gleichstellung zwischen den Geschlechtern, mehr Anerkennung für Frauen und mehr Sichtbarkeit von Frauen.
Die klaren Erwartungen der Nutzerinnen und Nutzer sollten die Medienanbieter interessieren. Sie können das medial vermittelte Frauenbild dem gesellschaftlichen Wandel und den Ansprüchen der Männer wie der Frauen anpassen, um die Kluft zu schließen und die Zufriedenheit ihrer Kunden zu steigern. Gleichwohl stellt die scheidende CNFL-Präsidentin Colette Kutten fest, dass die Resonanz auf die beiden Studien hinter den Erwartungen zurück blieb. Die Frauenorganisationen müssen deshalb am Ball bleiben, konkrete Maßnahmen entwickeln und neben den Journalisten und Journalistinnen die Verantwortlichen auf den Entscheidungsposten einbinden.
Es wäre ja auch zu schön, wenn mit zwei Studien die eingeschränkte Präsenz von Frauen in den Nachrichten gleich behoben wäre.
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