Bitch Doctrine – Laurie Penny

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(jmz) „Bitch Doktrin” heißt das neue Buch der Journalistin, Bloggerin und Aktivistin Laurie Penny. Der Untertitel in der englischen Originalausgabe: „Essays für Erwachsene, die dagegen sind“. Es handelt sich um eine Sammlung der Artikel Pennys aus den Jahren 2014 bis Ende 2016, und umfasst Themen wie die US Wahlen, Singlesein, Triggerwarnungen und nicht-binäre Geschlechtsidentitäten. Die meist zwischen fünf und zehn Seiten langen Artikel gliedern sich in die Kategorien „Liebe und andere Pflichten“, Kultur, Gender, Handlungsmacht, Rückschlag, Gewalt und Zukunft. Die Kategorien sind sehr weit gefasst, das Kapitel über Kultur umfasst so Themen wie James Bond, Journalismus, Barbie und Triggerwarnungen.

Penny schreibt in einfacher, sehr oft schnoddriger Sprache. Zweifellos kann sie mit Sprache umgehen, ihre Formulierungen sind bisweilen ebenso poetisch wie zutreffend wie witzig und machen „Bitch Doktrin“ zu einer angenehmen Lektüre. Die Schnoddrigkeit darf jedoch nicht dazu veranlassen, zu glauben, Penny sei etwa nicht emotional involviert: aus jedem Artikel spricht das emotionale Engagement Pennys, sei es als Konsumentin von Unterhaltungsmedien, sei es als politisch interessierte Teilzeitresidentin in einem Land, das soeben die Personifizierung von #metoo zum Präsidenten gewählt hat, sei es als ehemaliger Teenager mit Anorexie. Sie schreibt nicht aus dem akademischen Elfenbeinturm, sie schreibt als „eine von uns“, und sie ist wütend. Sie ist wütend auf das Patriarchat und den globalen Kapitalismus, sie ist aber auch wütend auf sich selber: darauf, dass sie sich vom Patriarchat ins Bockshorn jagen lässt, dass sie zu nachsichtig ist, dass sie mitmacht. Auch darin ist sie „eine von uns“.

Penny schrieb ihre Artikel und Essays zu jeweils aktuellen Thematiken und/oder aus aktuellen Anlässen, z.B. dem Erscheinen des neuen James Bond oder der deutschen Gesetzesnovelle, nach der intergeschlechtliche Kinder zunächst keinen Geschlechtseintrag erhalten sollen. Dieses Kaleidoskop von Themen illustriert einerseits recht schön die Vielzahl feministischer Aktivitätsbereiche. Es führt aber leider auch dazu, dass die jeweiligen Themen etwas oberflächlich abgehandelt werden. So führt Penny im Beitrag über Intergeschlechtlichkeit, dessen Aufhänger die Gesetzesnovelle in Deutschland Ende 2013 ist, grundsätzlich in die Thematik ein, was für viele Leser_innen sicherlich interessant ist. Sie verbleibt aber an einer vielleicht naiven Oberfläche, und kommt so gar nicht erst zu der Erkenntnis, dass das Gesetz über den Geschlechtseintrag aus Sicht vieler intergeschlechtlicher Aktivist_innen mehr als problematisch ist.

Der Anspruch der Essaysammlung ist sichtlich nicht, Aha-Reaktionen hervorzurufen (obwohl auch das vorkommt), sondern Reaktionen des „Genauso ist es!“. Wer also erwartet, etwas zu lernen über die Wirkmechanismen von Patriarchat, Kapitalismus und Sexismus, wird vielleicht enttäuscht feststellen, dass die meisten der Essays dort enden, wo es interessant werden könnte. Das kann mensch bedauern, vor allem aber kann mensch es zum Anlass nehmen, selbst weiter zu denken und zu handeln.

Letzteres ist vermutlich ganz im Sinne Pennys. Eine Vielzahl ihrer Essays schreibt sie darum für freie Onlinemagazine. Ihre aktuellen Denkanstöße findet ihr auf longreads.com. Oder ihr folgt ihr auf Twitter: @PennyRed.

Im CID gibt es das Buch auf deutsch und auf englisch

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