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Im Vorfeld der Parlamentswahlen im Oktober 2018 hat CID seine Forderungen im Bereich Frauen und Gender zusammengetragen und an alle Parteien geschickt.
(Das Dokument zum Herunterladen: WAHLFUERDERUNGEN AKTUELL 2018)
CID wurde 1992 gegründet als gemeinnütziger Verein unter dem Namen « Centre d’Information et de Documentation des Femmes ’Thers Bodé’ » mit der Hauptzielsetzung :
Von Anfang an hat CID seine Arbeit nicht auf wenige Aspekte beschränkt, sondern war bemüht, die Gleichheit zwischen Geschlechtern auf vielen Ebenen voranzutreiben – in Gesellschaft, Politik und Kultur. Um dies besser sichtbar zu machen, wurde 2016 entschieden den Vereinsnamen in « CID | Fraen an Gender » umzuwandeln, da diese Bezeichnung dem gesellschaftlichen Wandel und der wachsenden Gewichtung auf Genderthemen besser gerecht wird. Gender steht dafür, dass wir uns nicht ausschließlich mit Frauenthemen beschäftigen, sondern mit Fragen rund um das soziale Geschlecht.
Konkret verwaltet der Verein eine öffentliche Leihbibliothek sowie mehrere historische Archive, und setzt sich durch pädagogische Projekte und öffentliche Veranstaltungen für den Aufbau einer Gesellschaft ein, in der sich alle Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, gleichberechtigt entwickeln können.
EINLEITUNG
In der heutigen Gesellschaft ist es im Prinzip möglich das eigene Leben auf vielfältige Art und Weise zu gestalten. Alle Menschen sind gesetzlich gleichgestellt und auch die Ehe für alle, unabhängig vom Geschlecht der Partner*innen, ist gesetzlich verankert.
Trotzdem bleiben noch viele frauenpolitische Baustellen so z.B. eine ungenügende finanzielle Absicherung, erhöhtes Armutsrisiko besonders für Alleinerziehende, nicht abnehmende Gewalt gegen Frauen, Geschlechterstereotypen in Medien und Werbung.
Gleichzeitig nehmen Angriffe gegen den Feminismus und vor allem gegen den Begriff « Gender » (gesellschaftliche Zuschreibung von Geschlechterrollen) zu und auch die « Gender Studies » werden von gewissen Akteuren als Ideologie diffamiert. Diese Tendenzen gilt es zu bekämpfen und stattdessen für Freiheit und Selbstbestimmung einzutreten.
Eine wichtige Rolle zur Bekämpfung dieser Tendenzen und auch der gängigen Geschlechterstereotypen spielen dabei die Erziehung und die Medien.
Im Folgenden werden jene Bereiche thematisiert, die zurzeit im Fokus der Arbeit von CID | Fraen an Gender stehen. Gleichzeitig unterstützen wir die Forderungen des CNFL (Conseil National des Femmes du Luxembourg) und diejenigen der Plattform JIF (Journée Internationale des Femmes), wo wir jeweils Mitglied sind.
Damit einschränkende und vorurteilsbeladene Geschlechterbilder aus Erziehung und Schule verschwinden, müssen Fachkräfte diesbezüglich geschult werden. Studien belegen, dass Lehrerinnen und Lehrer sich insgesamt nicht geschlechterneutral verhalten, da die eigene Sozialisation auch von Geschlechterstereotypen geprägt ist. Dies gilt folglich auch für Erzieherinnen und Erzieher, die in der Kinderbetreuung eine prägende Rolle spielen und später auch in den Jugendhäusern den Jugendlichen als Vorbild dienen. In der Grundausbildung dieser beiden Berufszweige wird diesem Aspekt kaum Rechnung getragen. Parallel dazu müssen bestehende Initiativen unterstützt und ausgebaut werden, sei es die Weiterbildung « diversity4kids » für Erzieher*innen, die Bücherkoffer des CID für das Lehrpersonal, die Veranstaltungen des « Aarbechtskrees Meederchersaarbecht » für die Fachkräfte der Jugendhäuser und der « Girls’day/ Boys’day » zur Erweiterung des Berufswahlspektrums von Jugendlichen. Eine geschlechtersensible Berufsorientierung, ein geschlechtersensibler Sprachgebrauch sowie weibliche und männliche Vorbilder sind weitere wichtige Elemente.
Der CID-Bücherkoffer « Alles Familie! », der sich an Kinder der Vor-und Grundschulen wendet, will mit seinen Büchern die traditionelle (geschlechtsspezifische) Rollenverteilung innerhalb der Familie in Frage stellen. Gleichzeitig thematisiert er auch die unterschiedlichen Familienformen, die in unserer Gesellschaft existieren und den Alltag vieler Kinder widerspiegeln. Daraus entsteht sowohl bei den Kindern wie beim Lehrpersonal der Bedarf über diese Themen zu reden und einen guten Umgang damit zu finden. Neben der gewohnten Kernfamilie gibt es zunehmend Patchworkfamilien, es gibt Kinder, die mit einem Elternteil leben und es gibt auch solche, die mit zwei Müttern oder Vätern leben u.a. Das Projekt will vermitteln, dass es das einzig richtige Familienmodell nicht gibt und somit die Stigmatisierung von Kindern aus « anderen » Familien verhindern ; wichtig ist nicht die Familienform, sondern die Liebe und Unterstützung, die man als Kind erfährt. Ängste, dass solche Bücher Kinder « frühsexualisieren », wie sie von einigen Eltern vorgebracht wurden, können bei Sichtung des Materials widerlegt werden ; sie dürfen nicht dazu führen das Projekt in Frage zu stellen. Dass die nationale Unterrichtskommission den Feminismus als Ideologie bezeichnet, ist nicht hinnehmbar. Wir erwarten in einer solchen Situation Unterstützung vom Erziehungsministerium und ein klares Bekenntnis, Lesben, Schwule, Inter-und Transpersonen zu respektieren.
Von Kindesbeinen an prägt sich bei Mädchen und Jungen das Bild ein, das vom eigenen und anderen Geschlecht vermittelt wird und beeinflusst damit ihr Verhalten und die Wertschätzung der Geschlechter. So werden Frauen vorwiegend auf ihr Äußeres reduziert und zum Objekt degradiert um kommerzielle Zwecke zu bedienen. Das führt zu mangelndem Respekt gegenüber Frauen in der Gesellschaft insgesamt und wirkt sich negativ auf das weibliche Selbstbewusstsein aus. Besonders die Medien prägen die bestehenden Geschlechterbilder und auf Grund dieser Macht haben sie die Möglichkeit und auch die Verantwortung Stereotypen zu bekämpfen.
Auf Anregung von CID und CNFL nahm Luxemburg bereits zweimal (2010 und 2015) am Medienmonitoring « Global Media Monitoring Project » (GMMP) zur Frauenpräsens in den Nachrichten teil. Das GMMP findet alle 5 Jahre in über 100 Ländern statt, und ist die größte und längste Langzeitstudie zu frauenpolitischen Aspekten in allen Nachrichtenmedien der Welt. Hier werden jeweils an einem bestimmten Stichtag die Nachrichten eines Tages unter die Genderlupe genommen. Mit 24 % bleiben die Frauen – als Nachrichtenträgerin, Expertin und Journalistin – stark unterrepräsentiert. Gleichzeitig werden Vorurteile und Klischees weiterhin bedient. Eine repräsentative Umfrage bei den Medienkonsument*innen in Luxemburg hat bereits 2010 ergeben, dass auch diese sich für eine stärkere Präsens der Frauen und ein anderes Frauenbild in den Medien aussprechen.
Die Datenbank expertisa, die 2013 der Presse vorgestellt wurde, ist die Antwort auf die Klage der Journalist*innen, es gebe keine Expertinnen, die man heranziehen könnte. Die bestehende Datenbank zählt circa 300 Expertinnen aus den verschiedensten Fachbereichen. Allerdings muss die Datenbank regelmässig erweitert und erfolgreicher beworben werden, um der Expertise von den Fachfrauen in den Medien mehr Sichtbarkeit zu geben.
Forderungen:
Laut Statec arbeiten in Luxemburg mehr als 50% der Frauen im Kultursektor, und laut CEDIES sind mehr als 60% der Kunststudenten Frauen. Dennoch werden in Museen nur wenige Werke von Künstlerinnen ausgestellt, und in den Programmen von Musikinstitutionen und Ensembles wird nur sehr selten Musik von Komponistinnen gespielt, wie es Statistiken aus dem Ausland zeigen. Und auch in den Schulprogrammen oder im Musikkonservatorium steht von Frauen geschaffene Kunst nicht oder kaum auf dem Programm. In Luxemburg gibt es keine detaillierten Statistiken über die Situation von Frauen im künstlerischen und kulturellen Bereich. Ernsthafte Analysen werden dringend gebraucht, will man eine Änderung bewirken und eine Politik der Gleichstellung der Geschlechter im Kulturbereich entwickeln.
Forderungen:
Seitdem die Frauenforschung (heute Genderforschung) in den 80er Jahren aus der Bewegung in die wissenschaftlichen Institutionen einzog, profitieren die Wissenschaften und gesellschaftlichen Diskussionen von ihren kritischen Denkansätzen und der Sichtbarmachung von Geschlechterthemen.
Fragen um soziale Ungleichheit, Diversität, sexualisierte Gewalt, stereotypisierte Darstellungen im öffentlichen Raum und in den Medien sowie die ungleiche Repräsentanz in der Kultur (siehe die aktuelle #metoo Debatte) sind weiterhin relevant. Die wachsende Zahl von Publikationen, die aktuelle und geschichtliche Sachverhalte neu beleuchten, machen deutlich, wie sehr es Institutionen bedarf, die geschlechterrelevante Themen aufbereiten, Quellen und Hintergrundwissen zur Verfügung stellen und gesellschaftliche Diskussionen « füttern ».
Dies gilt umso mehr, seitdem die fortschreitende Digitalisierung auch die Wissenschaften revolutioniert. Institutionen und Bevölkerungsgruppen, welche entweder nicht den Zugang zu Daten haben oder – für uns als CID | Fraen an Gender relevant – die Dokumentation ihrer Wissensbestände nicht öffentlich zugänglich machen können, verlieren an Sichtbarkeit und damit zwangsläufig den Anschluss an die Wissensökonomie.
Für Institutionen wie CID bedeutet die Digitalisierung, dass wissenschaftliche, politische und pädagogische Debatten auch in den sozialen Medien geführt werden. Sie bedeutet, dass neue Themen, wie die gleiche Teilhabe an der Digitalisierung, die Teilhabe an der digitalen Repräsentanz und die Teilhabe an den neuen Berufsfeldern hinzukommen. Sie bedingt, dass wir uns an der Entwicklung von neuen « open educational » Konzepten beteiligen.
Die Digitalisierung bedeutet auch, dass Betreuung von Recherchen jetzt nicht mehr nur vor Ort, sondern auch online stattfinden. Während ein großer Teil der Bibliotheksbestände des CID online gefunden werden können, gilt es dies auf die Dokumente der musikalischen und politischen Archive auszudehnen. Was online nicht vorhanden ist, wird aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden.
Ein demokratischer Staat der Wissensgesellschaft hat unseres Erachtens die Aufgabe, auch hier ausgleichend darauf hinzuwirken, dass alle gesellschaftlichen Gruppen am digitalen Wandel teilnehmen können, und dass Wissen in vielfältiger Weise und auf vielen Kanälen dokumentiert und verbreitet werden kann.
Forderungen :
Zum Abschluss der von CID Fraen an Gender thematisieren Forderungen wollen wir darauf hinweisen, dass eine befriedigende Lebensgestaltung nur möglich ist, wenn man über eine ausreichende finanzielle Absicherung verfügt. Dies ist für viele Frauen nicht der Fall.
Auch eine feste Erwerbsarbeit garantiert gering qualifizierten Frauen keine finanzielle Unabhängigkeit, weil sie oft nur den Mindestlohn verdienen und in Berufen tätig sind, die als typisch weiblich gelten und deshalb schlechter bezahlt sind. Viele arbeiten Teilzeit, da Hausarbeit und Kindererziehung hauptsächlich auf den Schultern der Frauen lasten. Das führt dazu, dass 44% der Frauen in Luxemburg nicht einmal den Anspruch auf eine Mindestaltersrente haben.( gegenüber 4,5% bei den Männern.) Alleinerziehende (über 80% Frauen) sind einem starken Armutsrisiko ausgesetzt, das gekoppelt mit der Wohnungsnot, zu einer ausweglosen Situation der Betroffenen führt. Das gilt auch für die Frauen, die vor der Gewalt in Frauenhäuser geflüchtet sind und keine Möglichkeit haben, ein eignes Leben aufzubauen, da es für sie keine Wohnungen gibt.
Aus einer Genderperspektive ist es wichtig, dass beide Geschlechter sowohl einen eigenständigen Zugang zu materiellen Ressourcen als auch die Möglichkeit der Partizipation an allen Lebensbereichen haben. Eine Arbeitszeitreduzierung für beide Eltern könnte als Ansporn dienen für eine gerechtere Arbeitsteilung innerhalb der Familie.
Diesbezügliche Forderungen sollen hier nicht aufgelistet werden, sondern wir verweisen auf die JIF-Plattform von 2018 « Prévenir et éliminer la précarité des femmes au Luxembourg ».
(//cid-fg.lu/gesellschaft/8-maerz/les-revendications-de-la-jif-2018-sur-la-precarite-des-femmes/)
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