Die erste Ministerin der Luxemburger Geschichte wird 1967 in die umgebildete CSV-LSAP-Regierung aufgenommen. Madeleine Kinnen ist 1953 Gründerin der christlich-sozialen Frauen-Organisation und 1956 Gründungsmitglied der “Amis de la Maison de Victor Hugo à Vianden” gewesen. Die Witwe des 1959 gestorbenen Unterrichts- und Staatsministers Pierre Frieden wird Staatsekretärin für Familien-, Jugend- und Unterrichtspolitik. Bei ihrem Antritt sind die Reaktionen gemischt. So ironisiert Gaston Thorn auf der Oppositionsbank: “Je lui souhaite bien du plaisir, je lui souhaite de rendre ce Gouvernement plus attrayant puisqu’il me semble en avoir rudement besoin.” Der Fraktionschef der LSAP, Romain Fandel, vermerkt dagegen, die Regierung zeige Willen zur Effizienz, ” en faisant entrer pour la première fois à un Gouvernement luxembourgeois une femme (…). Ainsi, après l’entrée récente au Parlement d’une femme-député, le réveil d’intérêt pour la politique dans le chef de nos concitoyennes se trouvera ponctué et accentué.”
Frau Frieden-Kinnen selbst verdeutlicht ihr Interesse für Frauenbelange, als sie anlässlich der Haushaltsdiskussion am 9.3.1967 das Programm für das Familienressort vorstellt: “Je crois de mon devoir de faire appel à la Chambre pour que les femmes mariées aient enfin un statut – je ne dirai pas digne d’elles, mais digne de ceux qui sont leurs partenaires et qui – grâce à leur écrasante majorité dans tout ce qui est pouvoir public – ont à peu près seuls en mains les instruments qui permettent de changer ce statut (…).” Daneben setzt sie sich, wenn auch unter dem damals üblichen Vorzeichen der “freien Wahl”, für die Berufstätigkeit verheirateter Frauen ein: “Ce qui est important et ce qui est souhaitable, c’est que la femme ait la possibilité d’une option personnelle, que si elle désire rester à son foyer, elle ne soit pas obligée par une contrainte économique impérative de gagner de l’argent. Mais il faut aussi que, si elle désire avoir une activité professionnelle, elle en ait la possibilité.” Auch im Bereich der Schwangerschaftsverhütung gilt für sie die freie Wahl – was für sie bedeutet, dass die Vielfalt der Informationsstellen gewahrt sein müsse.
1968 kommt es nach einer Regierungskrise zu vorgezogenen Neuwahlen. Madeleine Frieden-Kinnen wird nun Ministerin für Familie, Jugend und soziale Solidarität sowie Kultur- und Kultusministerin. Nach einer Pressekampagne, in der sie vom sozialistischen tageblatt sittenwidrigen Verhaltens bezichtigt wird und daraufhin den Chefredakteur des Tageblatts wegen Verleumdung verklagt, tritt sie 1972 zurück. Sie engagiert sich in der Entwicklungshilfe in Afrika. Nach ihrem Tod 1999 wird im Parlament eine von ihr verfasste Erklärung verlesen, in der sie die Bezichtigungen gegen sie erneut abstreitet. In einer Ausstellung des Geschichtsmuseums der Stadt Luxemburg im Jahr 2000 wird die Verleumdungskampagne als moderne Variante der Hexenverfolgung dargestellt.
(Renée Wagener)
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