Alina Bronsky – Baba Dunjas letzte Liebe

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(ke) Bücher sind besonders schön, wenn sie uns mit Figuren versorgen, die wir tatsächlich brauchen, auch wenn wir es vor dem Lesen vielleicht gar nicht wussten…

Baba Dunja ist so eine Figur. Die ehemalige Krankenschwester musste nach der Tschernobyler Reaktorkatastrophe ihr Dorf in der verbotenen Zone verlassen. Während ihre Kinder ein eigenes Leben im Westen beginnen, kehrt Baba Dunja nach der Pensionierung zurück, zieht in ihr altes Haus und kommt fortan weitgehend als Selbstversorgerin aus. Sie bleibt nicht lange allein im Dorf. Weitere Menschen, die die Strahlung nicht mehr schrecken kann, folgen ihrem Vorbild und bilden eine eigenwillige Gemeinschaft:

Zwei Personen stehen Baba Dunja am nächsten, die etwas jüngere Marja, ihre direkte Nachbarin, die sich mit Essen, Medikamenten und dem nur manchmal funktionierenden Fernseher über altes Liebesleid hinwegtröstet sowie der sterbenskranke Petrov, der das Essen immer mehr vergisst, während er das Dorf nach Büchern durchforstet.

Regelmäßig erhält Baba Dunja Pakete von der in Deutschland lebenden Tochter, “eigentlich alles unnötiger Luxus”, aber dann doch oft praktisch… Sie versucht sich deren Leben und das ihrer Enkeltochter vorzustellen und lässt die eigene – ganz schön harte – Geschichte Revue passieren. Als eines Tages ein unsympathischer Kerl seine kleine gesunde Tochter ins Dorf schleppt, handelt Baba Dunja.

Die Autorin Alina Bronsky (*1978) kam Anfang der 90er Jahre nach Deutschland. Seitdem haben wir alle ihre Bücher fürs CID angeschafft. Ihre Jugendliteratur und die Romane für Erwachsene zeichnen Menschen, die sich durchbeißen müssen und es gibt etliche tolle Mutter-Tochter-Geschichten. Baba Dunjas Tschernobyl-Roman hat viel vom phantastischen Realismus: Die verstrahlte, oft verstörend üppige Tier- und Pflanzenwelt spielt eine eigene Rolle, und die Toten vergehen nicht wirklich, sie sind die ständige Begleitung der Dorfbewohner_innen.

Auch das ist eine gute Art, die nun dreißig Jahre zurückliegende Atomkatastrophe nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

(Kiepenheuer und Witsch 2015, 153 Seiten)

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